GPS-Wissen: Kaltstart? Warmstart? Wie lange braucht ein GPS zum Starten?

 
 
 
Oft wird die Frage gestellt, was man unter einem Kalt- oder Warmstart versteht und wie lange es dauert, bis die Position per GPS bestimmt ist. Die Hersteller geben gerne die Zeiten an, die unter optimalen Bedingungen möglich sind.
 
Unter guten Bedingungen sind bei aktuellen GPS-Empfängern Kaltstartzeiten von unter einer Minute möglich! Warmstartzeiten liegen bei gutem GPS-Signal im Bereich von unter 10 Sekunden. Hot Starts sind in wenigen Sekunden möglich.
 
Leider ist es unmöglich, die Startzeiten allgemein anzugeben. Wir erklären, warum und was Sie wissen sollten, um möglichst kurze Starzeiten zu erreichen.
 

Was bedeuten die Begriffe Kaltstart, Warmstart und Hotstart?

 
Kaltstart - Oder die 12,5 Minuten Legende
 
Das Gerät war noch nie in Benutzung, war wochenlang aus, oder wurde seit der letzten Ortsbestimmung weit transportiert. Der GPS-Empfänger weiß nun nicht, welche Satelliten-Konstellation er zu erwarten hat. Die Flugbahnen der GPS-Satelliten (Ephemeriden) sind ihm unbekannt.  Es liegt ein Kaltstart vor. Bei den ersten GPS-Geräten in den 80er Jahren war es nun nötig, eine gesamte GPS-Signalfolge von 12,5 Minuten Länge zu empfangen.
 
Laut Handbuch des Garmin GPS 55 von 1992, lag dessen typische Kaltstart-Zeit schon weit unter den heute noch gerne zitierten 12,5 Minuten: (Quelle: Handbuch GPS 55, Seite C-1):
  • ca. 2 min für den 2D-Empfang (3 Satelliten ausgewertet, ungenau, Höhenermittlung unmöglich)
  • ca. 2,5 min für den 3D-Empfang (4+ Satelliten ausgewertet, Höhenermittlung möglich)
  • 15s bei Warmstart (aktuelle Ephemeriden sind bekannt)
dawntech_m3l_d90_garmin_gps_55
 
Dawntech Mini 3L auf Nikon D90 (2010) und Garmin GPS 55 (1992) im Größenvergleich
 
Aus heutiger Sicht war die Empfangsleistung und -empfindlichkeit des GPS 55 trotz riesiger Antenne übrigens sehr schwach. Darum wurden die "typischen" Startzeiten unserer Erfahrung nach selten erreicht. Also wirklich nur bei freiem Horizont, aber zum Beispiel nicht in bebauten Gebieten. Nun ja, das GPS 55 richtete sich vornehmlich an Piloten. Und in der Luft oder auf Flugplätzen sind Hindernisse eher selten.
 
Die früher auch von uns zitierte und überall im Internet kursierende Annahme, dass theoretisch eine komplette GPS-Signalsequenz benötigt wird, um einen GPS-Fix zu erhalten, ist nach unserer Ansicht ein Missverständnis, das durch das häufige zitieren zwar populärer, deshalb aber nicht zwingend richtiger wurde (siehe Zitierzirkel). Die 12,5 Minuten Dauerempfang sind wichtig, um alle aktuellen Bahndaten zu erhalten und somit einen Warmstart zu erleichtern.
 
Die Länge einer vollständigen GPS-Signal-Sequenz beträgt tatsächlich 12,5 Minuten. Die ersten GPS-Empfänger brauchten auch wirklich oft so lange, um zu starten! Aber wohl eher aufgrund der schwachen Empfangsleistung und geringen Rechenkapazität der GPS-Chips. Diese Schwächen - gepaart mit einer ungünstigen Empfangssituation - erweckten aus unserer Sicht den Eindruck, man benötige oft die vollen 12,5 Minuten.
 
Keine Sorge! Moderne GPS-Chips beherrschen Tricks, um die Start-Zeiten wesentlich zu verkürzen.
 
Schon ein moderner SiRF II-Chip rechnet mit zigtausend so genannten Korellatoren, um den Vorgang zu beschleunigen. Unserer Erfahrung nach liegen bei Solmeta und Dawntech die Kaltstart-Zeiten in der Regel wirklich unter 1-2 Minuten. Dabei spielt natürlich eine große Rolle, wie gut der momentane Empfang ist. Aus den Datenschnipseln, die in einer tiefen Häuserschlucht ankommen, lässt sich nun mal schwerer ein ganzes Bild machen. Sobald der GPS-Empfänger seine Position sicher bestimmt hat, legt er so genannte "Almanach-Daten" der Satelliten an. So sieht er die Satellitenbahnen etwas voraus. Um den Almanach zu füllen braucht es allerdings eine gewisse Zeit mit GPS-Empfang.  Diese Daten helfen dem GPS-Empfänger dann beim: 
 
Warmstart
 
Wenn mehr als etwa 2 - 6 Stunden seit dem letzten Empfang der Almanach-Daten der momentan sichtbaren Satelliten vergangen sind, dann sind die "Bahndaten" (Ephemeriden) im GPS-Chip veraltet. Das Aktualisieren der Ephemeriden-Daten dauert circa 45 Sekunden. Die Zeit eines typischen Warmstarts. Je mehr Satelliten seit der letzten Ortsbestimmung aus der Sicht des Empfängers gewandert bzw. neue Satelliten empfangen werden, desto länger dauert der Warmstart.
 
Heiß-Start (Hot Start), Wiedererfassung
 
Position und genaue GPS-Zeit sind dem GPS schon bekannt. Die Almanach-Daten und die Ephemeriden-Daten sind aktuell. Die Positionsbestimmung dauert unter 15 Sekunden.  Dies kann klappen, wenn seit der letzten Ortsbestimmung  keine große Strecke zurückgelegt wurde und nicht mehr als 6 Stunden vergangen sind. Keine Quarzuhr ist genau genug, um auf Dauer die GPS-Zeit zu halten!
 
Hat man nur kurz das Satelliten-Signal verloren, dauert die neuerliche Ortsbestimmung nur wenige Sekunden. Dies ist zum Beispiel beim Durchfahren eines Tunnels der Fall.
 
Falsche Herstellerangaben?
 
Wer jetzt auf die Idee kommt, mit der Stoppuhr die von den Herstellern angegeben Zeiten zu überprüfen, wird vielleicht überrascht werden. Zum einen gehen die Hersteller von einer optimalen Sichtbarkeit der GPS-Satelliten aus. Schon ein Deich im flachen Norddeutschland kann jedoch erhebliche Teile des Horizonts abschatten. Zum Zweiten handelt es sich um Durchschnittswerte! Mehr dazu weiter unten ...
 

Warum dauert das so Lange - "Löcher" im Empfang?

 
Die Startzeiten gehen wie gesagt von optimalem Satellitenempfang aus. Dieser ist allerdings in Realität so gut wie nie gegeben. Es gibt (fast) immer Störfaktoren und zudem ist der GPS-Empfang nie gleich, da die GPS-Satelliten um die Erde schwirren. Der Empfang variiert von Minute zu Minute, von Tag zu Tag und von Ort zu Ort!
 
Ideale GPS-Empfangsbedingungen
 
 Die folgende Abbildung zeigt die ideale Anzahl der "sichtbaren" Satelliten beispielhaft für folgende Parameter:
 
- Position in München für das Beispieldatum 22.03.2012
- Mindestelevation 0°
- Abschattung 0%
 
Sat_Sichtbarkeit_1
 
Störfaktor 1: Das Geländerelief
 
Die Mindestelevation von 0° bedeutet, dass auch Satelliten mitgezählt werden sollen, die ganz flach über dem Horizont liegen. Diesen Fall hat man aber nur mitten auf dem Meer oder auf einer riesigen Ebene. Ansonsten ist von einer teilweisen Abdeckung des Horizontes durch das Gelände (Hügel, Wälder,  ... ) auszugehen.
 
Die folgende Abbildung zeigt die gleiche Konstellation, wie auf der obigen Abbildung. Allerdings werden nun Satelliten, die flacher als 15° über dem Horizont stehen, ignoriert:
 
- Position in München für das Beispieldatum 22.03.2012
- Mindestelevation 15°
- Abschattung 0%
 
Sat_Sichtbarkeit_2
 
Es ist deutlich zu erkennen, dass die Anzahl der verfügbaren GPS-Satelliten sinkt. Es stehen weniger GPS-Signale zur Berechnung bereit. Am stärksten tritt der Effekt in diesem Fall zwischen 12:00 und 15:00 Uhr auf. Je hügeliger eine Region ist, desto stärker ist dieser Effekt.
 
Störfaktor 2: Abschattung durch Objekte
 
Doch nicht nur Wälder und flache Hügel in der Ferne verdecken GPS-Signale. Viel stärker wirken sich Objekte wie Häuser oder Berge aus. Im nächsten Beispiel werden nun noch zwei einzelne Häuser - eines im Osten und eines im Westen - hinzugedacht. Zusammen bewirken sie eine Abschattung wie diese:
 
-Position in München für das Beispieldatum 22.03.2012 
- Mindestelevation 15°
- Abschattung 20%
 
Sat_Sichtbarkeit_3A
 
Sat_Sichtbarkeit_3B
 
Wie man deutlich sieht, stören die zwei gedachten Häuser die direkte Empfangbarkeit der GPS-Satelliten enorm. Für eine GPS-Positionsbestimmung werden die Signale von mindestens vier GPS-Satelliten benötigt. Es gibt also immer wieder "Löcher", in denen keine Positionsbestimmung möglich ist. Ein paar Minuten später oder ein paar Meter weiter kann es komplett anders aussehen.
 

Unser Tipp für schnelle GPS-Starts

 
Halten Sie beim Initialisieren Abstand von allem, was die Sicht zum Himmel und zum Horizont verdeckt: Häuser, Bäume, Autodächer, ... - das ist auch schon alles!
 
Sie wollen es genauer wissen?
Wie genau ist eigentlich GPS?
 
Bei Kowoma finden Sie zusätzliche Hintergrundinformationen.